Der Name "Mennoniten" geht auf den ehemaligen katholischen Priester Menno Simons (1496-1561) aus Holland zurück, der nach der Lektüre von Schriften Luthers 1536 zu den Täufern übergetreten war. Er wurde leitender Ältester des friedliebenden Teiles der Täuferbewegung, die sich von den Exzessen der revolutionären Extremisten in Münster und Amsterdam entschieden distanzierten.
Geschichte und Verbreitung
Unter der Führung von Menno Simons verbreitete sich dieser Zweig der "Täuferbewegung" zuerst in Norddeutschland und Holland. Wegen der Verfolgungen, vor allem in Holland und Belgien, sammelten sich die ersten Mennoniten in Großstädten. Später zogen viele mennonitische Landwirte nach Osten, wo ihnen wegen ihrer Kenntnisse der Landtrockenlegung in Preußen und ab 1788 auch in Russland von der dortigen Regierungen Land angeboten wurde. Viele Jahre später, als sie in Russland gezwungen werden sollten Wehrdienst zu leisten, zogen ab 1850 viele von ihnen nach Nordamerika, später auch nach Mittel- und Südamerika weiter.
Von den ca. 1,5 Millionen Mennoniten (nur getaufte Jugendliche und Erwachsene, ohne Kinder!) , lebt heute eine große Zahl in Nordamerika (ca. 0,5 Mill.). In dieser Zahl sind auch die AMISCHEN und HUTTERRER eingeschlossen, die jedoch nicht Mitglieder in der "Mennonitischen Weltkonferenz", einem losen Dachverband, sind. Stark vertreten sind die Mennoniten auch in Afrika (530 000 Mitglieder), Asien (241 000), Lateinamerika (156 000). In Europa leben z.Z. 52 000 Mennoniten, der größte Teil davon in Deutschland (33 000). Mehrheitlich handelt es sich dabei um deutschstämmige Zuwanderer ("Umsiedler") aus der ehemaligen Sowjetunion. Diese "Russland-Deutschen" konnten sich nur zu einem kleinen Teil in die bestehenden Gemeinden integrieren und haben deshalb meistens eigene Gemeinden und Verbände gebildet, mit verschiedenen Bezeichnungen die nicht immer auf ihre mennonitische Herkunft schließen lassen. In der Schweiz gibt es etwa 2500 und in Österreich 430 Mennoniten, in sechs Gemeinden.
Die AMISCHEN wurzeln in der mennonitischen Täufertradition, haben sich aber 1693 durch Jakob AMMANN (1644-1730) aus Emmental/Schweiz, von den Mennoniten abgespalten. Heute leben ca. 250 000 Amischen hauptsächlich in Nordamerika, zurückgezogen in 1200 Siedlungen. Sie leben in der Regel von der Landwirtschaft, haben viele Kinder, die am Hof arbeiten und leben einfach, weil sie alle Fortschritte der Zivilisation (Strom, Radio, Fernseher usw.) ablehnen. Aus Überzeugung bauen sie keine eigenen Kirchen, weil damit der Alltag und der Gottesdienst getrennt wären. Deshalb feiern sie ihre langen Gottesdienste in einfachen Scheunen. Die Amischen sind hauptsächlich die Nachkommen der Auswanderer aus Süd-Deutschland und der Schweiz, welche bis heute ihre Sprache, ein alemannischer Dialekt des 17.Jh., und Tradition erhalten konnten. Die Männer tragen Bärte und die Frauen einheitlich weiße Hauben und die typischen dunklen Kleider ohne Knöpfe, weil es so die Gemeindeordnung verlangt. Jakob Ammann soll gesagt haben: "Die mit Haken und Ösen wird Gott erlösen".
Die HUTTERER sind ebenso eine mennonitische Täufergemeinschaft, welche 1529 von Jakob HUTTER (1500-1536) in Tirol gegründet wurde und heute fast nur in Nordamerika besteht. Ca. 42 000 Mitglieder leben in 465 "Colonies" bzw. "Brüderhöfen" in einer Gütergemeinschaft, die sich auf die Lebensform der Urchristen beruft: "Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte" (Apg. 2,44-45).
Organisationsform
Jede mennonitische Gemeinde ist autonom mit eigenem Vorstand, dem die Leitung obliegt. Alle wichtigen Entscheidungen werden in der Versammlung getroffen. Die meisten lokalen Gemeinden gehören einem nationalen Gemeindeverband an und stehen miteinander in Verbindung - weltweit als "Mennonitische Weltkonferenz", welche aber keine Entscheidungskompetenz hat. Aus diesem Grund gibt es eine große Vielfalt in der Lehre und Praxis, die stark vom jeweiligen Prediger bzw. Pastor abhängt. Pastorinnen gibt es nur in einer kleinen Anzahl der mennonitischen Gemeinden.
Lehre
Die Hl. Schrift ist die alleinige Norm des Glaubens. Die Traditionen werden mehr oder weniger stark beachtet und haben theoretisch keine normative Wirkung. Die Schriftauslegung und die Theologie ist reformatorisch ( sola scriptura, solus Christus, sola gratia und sola fide). Die Schwerpunkte sind Rechtfertigungslehre und Bergpredigt.
Praxis
In der Taufpraxis weichen die Mennoniten vom Protestantismus ab: Sie praktizieren die "Erwachsenentaufe", dh. sie taufen nur Jugendliche und Erwachsene, weil sie glauben, dass nur diejenigen getauft werden sollen, die selbst ihren Glauben bekennen. Sie taufen mit Wasser, auf den Namen des dreieinigen Gottes. Somit wird diese Taufe auch von der katholischen und evangelischen Kirche anerkannt. Im Gegensatz dazu anerkennen nur einige wenige mennonitische Gemeinden die "Säuglingstaufe" der Katholiken und Protestanten. Aus diesem Grund wird bei der Konversion in eine mennonitische Gemeinde meistens eine "Wiedertaufe" vollzogen. In Österreich wird nur die "Glaubenstaufe" anerkannt - also alle Konvertiten werden (noch einmal) getauft. Das Abendmahl ist für sie kein Sakrament, sondern eine "besondere Weise der Verkündigung", die sie 1 bis 2 Mal im Monat (in Österreich in der Regel nur monatlich) feiern, - als eine "Darstellung der Leidens Christi und der Gemeinschaft mit Christus und der Christen untereinander".
Mit der Berufung auf die Bergpredigt (Mt 5,33-48) und andere relevante Bibelstellen haben die Mennoniten historisch sowohl den Eid wie auch jegliche Gewalt und den Einsatz von Waffen abgelehnt.Im 20.Jh. hat sich diese Überzeugung bei vielen Mennoniten gelockert. Die "Mennonitische Freikirche Österreich" überlässt die Entscheidung bezüglich Bundesheer oder Zivildienst dem Einzelnen und seinem Gewissen. In der Praxis leisten so gut wie alle jungen Männer in Österreich den Zivildienst.Die Mennoniten fordern die strikte Trennung von Kirche und Staat, weil nur so eine echte Religionsfreiheit möglich sein kann. Sie verstehen sich als "Friedenskirche" und sind karitativ sehr aktiv und betreiben verschiedene Hilfswerke wie etwa das Mennonite Central Committee (MCC).
Die Gottesdienstgestaltung schließt bei den österreichischen Gemeinden moderne Lieder, Gebete, Verkündigung des Wortes Gottes sowie Zeugnisse im Sinne eines Glaubensaustausches ein.
Stellung zur Ökumene
Es gibt keine einheitliche Beziehung zur Ökumene - von der Ablehnung bis zur vollen Mitgliedschaft im "Ökumenischen Rat der Kirchen" wird alles vertreten. Die "Mennonitische Freikirche Österreich" ist nicht im ÖRK, dafür aber arbeiten die örtlichen Gemeinden eng mit der Evangelischen Allianz Österreichs (=EAÖ) und anderen Freikirchen zusammen. In Deutschland und der Schweiz sind manche mennonitische Verbände Mitglied der "Vereinigung Evangelischer Freikirchen, sowie der "Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen" in Deutschland.
Situation in Österreich
In Österreich leben ca. 430 getauften Mennoniten in 6 Gemeinden (=Wien, Linz, Wels, Steyr, Gmunden und Salzburg). Die erste Gemeinde entstand 1958 in Linz unter den Flüchtlingen aus dem Osten. Seit 4.Juli 2001 haben sie den Status einer "Bekenntnisgemeinschaft" mit dem Namen "Mennonitische Freikirche Österreich". Am 28. August 2013 wurden sie als Teil der "Freikirchen in Österreich" als Kirche (Religionsgesellschaft) gesetzlich anerkannt. Bis 1992 nannten sich die Gemeinden in Österreich "Mennonitische Brüdergemeinden". Die Zeitschrift "Gemeinsam", eine gemeinsame Publikation der Mennoniten in Österreich wurde 2003 eingestellt und durch die Homepage www.mennoniten.at abgelöst.
Literatur
J. A. Möhler-Institut (Hg.), Kleine Konfessionskunde, Paderborn 1997
H. Trubach (Hg.), Was glauben die anderen? - 27 Selbstdarstellungen, Gütersloh 1993;
J. Tübusek, Ein Glaube, viele Kirchen, Giessen 1994;
G. Schmidt / G. O. Schmidt, Kirchen, Sekten, Religionen, Zürich 2003;
A. von Schlachta, Die Hutterer zwischen Tirol und Amerika - eine Reise durch die Jahrhunderte, Innsbruck 2007;
F. Rathmair, Die Mennonitische Freikirche Österreich, in: J. Hirnsperger et al. (Hg.), Wege zum Heil, Innsbruck 2005, S. 11-16;
AMBD (Hg.), Gemeinsam unterwegs - Glaubensbekenntnis mennonitischer Brüdergemeinden, Mai 2007;
Websites:
www.mennoniten.at
www.mennoniten.de
www.mwc-cmm.org (Mennonitische Konferenz)
Stephan Djundja, 2007 / 2014